Eine Alternative zur normalen Klassenfahrt

Rotenburger Rundschau, 08.06.2009

Schulbauernhof:
Eine Alternative zur normalen Klassenfahrt

Von Andrea Zachrau

Sottrum. Für viele sind sie die Highlights der Schullaufbahn: Klassenfahrten. Wenn es nach den Lehrern geht, sollen die gemeinsamen Reisen aber nicht nur Spaß machen, sondern auch einen pädagogischen Wert haben. Die optimale Mischung hat Lühr Klee, Leiter der Sottrumer Morgenstern-Grundschule entdeckt: Er unternahm mit seiner dritten Klasse jüngst eine Bauernhof-Klassenfahrt.

Den internationalen Schulbauernhof in Hardegsen, zwischen Göttingen und Northeim gelegen, entdeckte der Lehrer zwischen den vielen Werbesendungen, die seine Schule regelmäßig erhält. Motto des Projektes: Landwirtschaft (er)leben, Lebensmittel schätzen, Gesundheit fördern. „Mir hat das Konzept sofort zugesagt und die Eltern waren auch gleich begeistert“, erinnert er sich. Für den Lehrer sollte eine Klassenfahrt mehr sein als ein gemeinsamer Ausflug. „Ich versuche immer, einen Bildungsauftrag einzubinden.“ Darüber hinaus sollte die Fahrt dazu beitragen, dass die Klassengemeinschaft gestärkt und und sozialen Kompetenzen der Schüler gestärkt werden. Der Besuch des Schulbauernhofs erwies sich dafür als ideal.

Landwirtschaft für Kinder und Jugendliche erlebbar werden zu lassen, ist eines der Hauptziele der Einrichtung. Und so fielen für Klee und die beiden begleitenden Eltern Michael Itzen und Silvia Dittmers die Planung von Tagesprogrammen und Ausflügen komplett weg, schließlich bedeutete der Besuch auf dem Schulbauernhof täglich zwölf Stunden Landluft schnuppern.

Um 6.30 Uhr standen die Drittklässler mit den Hühnern auf, rund eine Stunde später waren sie bereits auf dem Hof und halfen beim Füttern der Tiere. Denn: Die Kinder waren von Anfang an Teil der Produktionsgemeinschaft und arbeiteten altersgerecht eingebunden in Kleingruppen im Stall und auf dem Hof mit. Erst nachdem alle Tiere versorgt waren, gab es Frühstück. Im Anschluss wurde die Arbeit in den Gruppen bis 13 Uhr forgesetzt; nach dem Mittagessen, bei dessen Zubereitung die Kinder ebenfalls halfen, gab es drei Stunden Freizeitprogramm. „In der Nähe gibt es einen Spielplatz und einen kleinen Bach, aber auch auf dem Hof konnte gespielt werden“, berichtet Klee. Von 16 bis 18 Uhr durften die Kinder dann wieder auf dem Hof mitanpacken und erst nach dem Abendbrot ging es zurück in die fünf Kilometer entfernte Jugendherberge. „Wir haben uns bewusst dafür entschieden, nicht auf dem Hof zu übernachten, da die Kinder sonst gar nicht zur Ruhe gekommen wären“, schmunzelt Klee. Denn: Die Mädchen und Jungen waren mit Hocheifer bei der Sache und halfen engagiert bei allen Aufgaben mit.

Der Schulbauernhof Hardegsen wird bewirtschaftet wie jeder andere: Pächter ist der Milchschafhof Westphal, der sich nach den Kriterien des ökologischen Landbaus richtet. Rund 70 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche stehen zur Verfügung, die sich in 14 Hektar Ackerland, 56 Hektar Grünland und 0,4 Hektar Nutzgarten beziehungsweise Streuobstwiesen aufteilen. Während das Grünland das für die Tiere des Hofes notwendige Grünfutter bereitstellt, werden auf den Äckern Gerste, Weizen, Hafer, Kartoffeln und Kleegras angebaut. Zu den Tieren des Schulbauernhofes gehören 60 Milchschafe mit Nachzucht, sechs Milchkühe, sieben Mutterkühe mit Nachzucht, drei Sauen mit Nachzucht, elf Mastschweine und 200 Legehennen. Eine Besonderheit des Hofes ist die Käserei, in der aus der Schafmilch Käse hergestellt wird. Diese und andere Erzeugnisse werden auf Wochenmärkten und im Hofladen verkauft.

„Die Kinder lernten alle Bereiche des Betriebs kennen und bekamen so spielerisch viele Sachkenntnisse vermittelt“, erklärt Lühr Klee. Der Unterricht zum Anfassen sei ihm besonders wichtig gewesen. „Schließlich kommen wir aus einem ländlichen Raum, dessen Haupterwerbsquelle ursprünglich die Landwirtschaft war. Mittlerweile bekommt aber kaum eines der Kinder mit, was sich auf einem Bauernhof abspielt.“ Weitere Aspekt sei die direkte Nähe zu den Tieren gewesen. „Das hat einen ganz anderen Charakter als ein Zoo, hier sorgten die Kinder selbst dafür, dass die Tiere Futter bekamen und sich in sauberen Ställen wohlfühlen können.“

Für Lühr Klee war der Besuch des Schulbauernhofs ein echter Glücksgriff. „Zum einen gibt es keinen großen Organisationsaufwand, da die Gruppe den ganzen Tag auf dem Hof eingebunden ist. Zum anderen war es für alle Kinder eine ganz besondere Erfahrung, die sie so schnell nicht vergessen werden.“

Und: Sollte mit einer neuen Klasse erneut eine Fahrt anstehen: Der Schulleiter würde sich immer wieder für die Fahrt nach Hardegsen entscheiden. „Ich denke, dass es auch für andere Kollegen eine gute Sache sein könnte“, meint er.

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