Das lernt man nicht im Klassenzimmer

LAND & FORST, 19 Mai 20111
Das lernt man nicht im Klassenzimmer
Schulbauernhof

Woher kommt eigentlich mein tägliches Essen? Wie entsteht Brot? Auf diese Fragen wissen viele Kinder und Jugendliche keine Antwort, obwohl ihnen diese Dinge täglich begegnen. Welche Rolle spielen in diesem Zusammenhang ein Schulbauernhof und die Firma Kverneland?

Auf dem internationalen Schulbauernhof, den Axel Unger leitet und Familie Westphal bewirtschaftet, geht es darum, den Schülern die Landwirtschaft so realitätsnah wie möglich darzustellen. Dazu gehört auch, dass die Schüler, wie im landwirtschaftlichen Betrieb, gegen 6:30 Uhr aufstehen, und vor dem Frühstück die Tiere versorgen. Die Schüler werden von den Mitarbeitern des Schulbauernhofs betreut.

Der Hof befindet sich im Hardegsener Ortsteil Hevensen im südlichen Niedersachsen, Landkreis Northeim, und liegt nur zwei Kilometer vom Bahnhof entfernt, was die Anfahrt mit der Bahn für die Schüler vereinfacht. Neben dem Schulbauernhof hat die Familie Westphal noch einen Hof, auf dem sie rund 200 Schafe betreut. Um die Feldarbeit absolvieren zu können, braucht die Familie gute Maschinen. Die hat sie kürzlich bekommen, denn seit anderthalb Jahren gibt es Kontakt zur Firma Kverneland Deutschland GmbH in Soest (einem der Förderer und Partner des Schulbauernhofes). ,,Die Maschinen hier hinzustellen ist für uns eine gute Möglichkeit, dieses Projekt zu unterstützen. Wir stehen hinter dem Konzept“, so Dr. Wolfgang Kath-Petersen, Marketing- und Vertriebsleiter der Kverneland Deutschland GmbH.
Verantwortung lernen
Ziel des Hofes ist, dass die Schüler lernen die Tiere, die für ihr Essen verantwortlich sind, zu schätzen. Der Schulbauernhof hat daher mit der Idee, in einer Bildungsstätte, die Landwirtschaft und den Umweltschutz zu verbinden, begonnen. ,,Wir möchten so authentisch wie möglich Lernen auf dem Bauernhof ermöglichen“, erklärt Axel Unger, der Geschäftsführer des Schulbauernhofes. Oft möchten Schüler ihre Klassenfahrten z. B an die See oder ins Ausland machen. Wenn sie dann hören, dass ihre Klasse auf einen Bauernhof diese gemeinsame Zeit verbringen soll, entnehmen die Lehrer aus den Klassen zunächst lautes Stöhnen. ,,In solchen Situationen stehen wir in direkter Konkurrenz zum Königshaus in London oder zum Eifelturm in Paris. Und da muss man den Kindern schon was bieten können“, betont Betriebsleiter Sven Westphal. Wenn man aber am Ende der Klassenfahrt einen Rückblick hält, kann man hören, dass sich die Meinungen der Schüler fast immer um 360° gewendet haben: Sie hatten viel Spaß und zudem haben sie noch viel gelernt, was man ihnen im normalen Alltag nicht so realitätsnah beibringen kann. Alle Schüler sind überrascht, dass die Arbeiten mit den Tieren und auf dem Acker so interessant sind. Doch gibt es meistens aber zwei Kritikpunkte: Das frühe Aufstehen und die schwere Arbeit. ,,Dies war allerdings auch das Ziel des Schulbauernhofes: Die Schüler sollen lernen, dass die Landwirtschaft sehr anstrengend ist, viel Kraft bedarf, und vor allem, dass die Landwirte für das Essen der einzelnen Schüler sorgen“, so Westphal. Folglich kann man sagen, dass das Ziel erreicht wurde und trotzdem allen Schülern Spaß bereitete.
Ein ,,normaler“ Betrieb
Die Schüler erleben auf dem Hof, wie landwirtschaftliche Erzeugnisse weiterverarbeitet werden. Zu den Aufgaben der Schüler gehört es aber z.B. auch bei der Milch- und Getreideverarbeitung mitzuwirken. Aus den selbst gewonnenen Lebensmitteln bereiten sie gemeinsam schmackhafte Speisen zu. In jeder Jahreszeit steht die landwirtschaftliche Produktion im Vordergrund. Die Schüler können alle Schritte selbst erfahren und praktisch durchführen. Die Arbeiten sind aber immer so dimensioniert, dass die Schüler die Aufgaben bewältigen und Eigenverantwortung zeigen können. Sie sind in den verschiedenen Jahreszeiten aktiv in die Feld- und Gartenarbeit sowie die Tierversorgung eingebunden. Das führt dazu, dass sie Einblicke in eine ausgewogene Ernährung auf Basis von regionalen und saisonalen Zutaten bekommen. Mittwochs haben die Klassen einen Nachmittag frei und führen beispielweise Exkursionen zu einer Biogasanlage und zu naturschutzrelevanten Flächen durch, wo ihnen dann die Bedeutung der Landwirtschaft für die Umwelt veranschaulicht wird. Damit die Heizkosten nicht explodieren, versorgt sich der Hof mit einer Solaranlage, Photovoltaik und einer Pelletheizung mit Energie. Auf dem Schulbauernhof gibt es vielerlei Tiere, die die Gäste betreuen, u. a. Schweine, Schafe, Kühe, Hühner und Katzen. Auf dem Acker wird Gerste, Weizen, Hafer, Kartoffeln und Kleegras angebaut. Der Hof wurde bis Ende 2010 nach Grundsätzen des Ökolandbaus bewirtschaftet, jetzt nach Neuland-Richtlinien weiter betrieben. Aber auch durch die Kooperation mit anderen Betrieben, haben die Schüler Einblicke z.B. in einen Gemüsebau- und ein Schweinemastbetrieb.
Gäste willkommen
,,Viele Kinder fragen mich, wozu denn ein Schwein da ist. Kühe geben Milch, Schafe geben ebenfalls Milch und man nutzt noch die Wolle. Aber wozu ist denn ein Schwein da?“, erzählt Sven Westphal. Mit der Idee einen Schulbauernhof zu etablieren, wollten sie vor allem eins erreichen: Die Schüler müssen eine Verbindung zwischen sich und den Tieren herstellen. Sie müssen begreifen, dass ein Schwein nicht nur steht, sondern einen Sinn und Zweck hat. Damit sie dies leichter und schneller verstehen, werden sie in Kleingruppen aufgeteilt, in denen sie dann Tiere verpflegen und die Feldarbeit absolvieren. ,,Wenn es regnet, wollen die Schüler sicher lieber hinter dem Ofen sitzen, anstatt nach draußen zu gehen. Doch sie müssen trotzdem die Tiere füttern und die Arbeit erledigen – ob es stürmt oder schneit“, so Axel Unger. Der Internationale Schulbauernhof ist sehr gefragt und kann bis zu 50 Schüler aufnehmen und versorgen. Die praktischen Tätigkeiten stärken das Verantwortungsbewusstsein, die soziale Kompetenz und lassen die Zukunft der Schüler kreativer gestalten. Auch können Praktika sowie ein Freiwilliges Ökologisches Jahr (FÖJ) absolviert werden.